Dienstag, 8. September 2009

Was will ich eigentlich gerade?

Mmh, wirklich schwer zu sagen.
Fühl mich wie ein angelutschtes Pfefferminzbonbon, irgendwie lasch und gerade zu nichts wirklich zu gebrauchen.
Kopfweh, im Knie drückt's und die Augen flackern.
Ob da wohl die einfache Medizin der Frischluft hilft?

Aber zurück zum "Was will ich?"
Einfach die mir gegebene Zeit genießen und sinnvoll verbringen.
So einfach und so schwer.
Dann werde ich wohl einfach noch ein bisschen dem ollen Kurte folgen.

Das Ideal
von Kurt Tucholsky


Ja, das möchste:

Eine Villa im Grünen mit großer Terrasse,
vorn die Ostsee, hinten die Friedrichstraße:
mit schöner Aussicht, ländlich-mondän,
vom Badezimmer ist die Zugspitze zu sehn -
aber abends zum Kino hast dus nicht weit.

Das Ganze schlicht, voller Bescheidenheit:

Neun Zimmer, - nein, doch lieber zehn!
Ein Dachgarten, wo die Eichen drauf stehn,
Radio, Zentralheizung, Vakuum,
eine Dienerschaft, gut gezogen und stumm,
eine süße Frau voller Rasse und Verve -
(und eine fürs Wochenend, zur Reserve) -,
eine Bibliothek und drumherum
Einsamkeit und Hummelgesumm.

Im Stall: Zwei Ponies, vier Vollbluthengste,
acht Autos, Motorrad - alles lenkste
natürlich selber - das wär ja gelacht!
Und zwischendurch gehst du auf Hochwildjagd.

Ja, und das hab ich ganz vergessen:
Prima Küche - erstes Essen -
alte Weine aus schönem Pokal -
und egalweg bleibst du dünn wie ein Aal.
Und Geld. Und an Schmuck eine richtige Portion.
Und noch ne Million und noch ne Million.
Und Reisen. Und fröhliche Lebensbuntheit.
Und famose Kinder. Und ewige Gesundheit.

Ja, das möchste!

Aber, wie das so ist hienieden:
manchmal scheints so, als sei es beschieden
nur pöapö, das irdische Glück.
Immer fehlt dir irgendein Stück.
Hast du Geld, dann hast du nicht Käten;
hast du die Frau, dann fehln dir Moneten -
hast du die Geisha, dann stört dich der Fächer:
bald fehlt uns der Wein, bald fehlt uns der Becher.

Etwas ist immer.

Tröste dich

Jedes Glück hat einen kleinen Stich.
Wir möchten so viel: Haben. Sein. Und gelten.
Dass einer alles hat:
das ist selten.

Kurt Tucholsky, deutscher Schriftsteller, 1890 - 1935

Keine Kommentare: